Segelunterricht am Schliersee und Chiemsee
Wie alles begann.
1980 habe ich in den Ferien in Schliersee beim Bootsverleih Sepp Mayr gearbeitet.
Dort habe ich auch das Segeln gelernt. Eines Tages kam der Sepp zu mir und hat gemeint: „Nächste Woche gibst Du Segelunterricht, mit der H-Jolle“.
Ich bin noch kurz über das Wegerecht informiert worden: Backbordbug vor Steuerbordbug (so hieß das damals), Lee vor Luv und die überholende Yacht hält sich frei. Das war meine Einführung zum Segellehrer.
Und dann ging es eigentlich in meinem Kopf los: was soll ich wann erklären?
Es gibt vier klassische Kurse: Am Wind (also Kreuzen), halber Wind, Raumschot-Kurs und achterlicher Kurs. Was ist davon wichtig?
Genauso gibt es drei wichtige Manöver Wende, Halse (damals kannte ich noch keine Regattahalse oder die klassische Halse für größere Boote mit dichtholen, schifften, Stützruder usw.) und das Mann-über-Bord Manöver – also die Rettung von Schiffbrüchigen.
Andere Punkte wie das Ab- und Anlegen war für uns völlig normal. Das geht bei einem freien Bootssteg ohne Probleme.
Ich habe mir dann für fünf Kurstage eine Übersicht geschrieben, was ich wann erklären will.
Vom Fahren an der Windkante, dem Münchner Manöver – also zum über Bord gefallen hin treiben lassen, statt einem Aufschießer zu machen, wusste ich damals noch nichts.
Später habe ich übers Eishockey in München Roland Denk kennengelernt. Der hat im Sommer am Starnberger See an der ZHS (Zentraler Hochschul Sport der TU München) Segelkurse gegeben. Das war natürlich ein muss für mich.
Ich habe damals geglaubt, Segeln zu können und bin ja auch schon erste Regatten gesegelt. Das Wissen der ZHS war dann doch sehr lehrreich. Ich hatte von vielen Dingen wie An- und Ablegen Hafen, Schallzeichen, Lichterführung keine Ahnung. So etwas gibt es am Schliersee gar nicht.
Froh bin ich über all diese Erfahrungen. Das hat mir später immer wieder geholfen. Das ist auch das Wesentliche an einem Segelkurs. Einmal wenigstens von der Situation gehört zu haben, um dann nicht völlig ohne Ahnung Entscheidungen treffen zu müssen. Auch verstehe ich heute, warum Ab- und Anlegen so wichtig sind.
Manöver fahren – langweilig und doch wichtig
Mit meinen Schülern heute mache ich am Chiemsee gerne zwei anspruchsvolle Übungen: An- und Ablegen auf der Fraueninsel und das Fahren durch den Kanal. Der Kanal am Chiemsee ist die Engstelle zwischen Urfahrner Halbinsel und der Herreninsel, mit Passagierschiffen, Segelschiffen, Elektrobooten und jeder Menge SuP.
Das Ab- und Anlegen bei unterschiedlichen Häfen und Windverhältnissen ist deswegen so wichtig, weil es ja sein kann, dass man dies nur mit Wind und Segeln machen muss. Wenn, z. B. der Motor nicht anspringt ….
An der Fraueninsel parken am Weststeg an den Wochenenden bis zu dreißig Boote. Oft findet sich gar keine Lücke mehr und man parkt in zweiter Reihe. Dann muss man ein sehr gutes Gefühl haben, wie lange das Boot gegen den Wind noch weiter läuft, wie Rückwärtsfahren geht und ob man einen Anker braucht …..
Bei Törns am Meer gibt es am Hafen immer ein Restaurant, wo das Anlegen von den Booten genau beobachtet wird. Kann der Rudergänger Drift, Wind und Geschwindigkeit gut abschätzen? Sind die Fender bereit? Ist es tief genug?
Gerade im Hafen ändern sich oft die Bedingungen blitzschnell. Das kann man nur üben und üben.
Der Kanal- am Chiemsee – die Engstelle an der Herreninsel mit Staugefahr
Im Kanal – das ist die Stelle zwischen Breitbrunn, der Urfahrner Halbinsel und der Herreninsel, drängen sich Segelboote, SuP, Schwimmer, Elektroboote und die Passagierschifffahrt.
Die Dampfer machen an der Nord/West Spitze der Herreninsel eine Drehung von fast 180° bei ihrem Weg von Prien /Stock zur Herreninsel. Wer diese Kurse nicht kennt, weicht genau in die spätere Fahrrinne aus. Der Kanal ist dort nur etwa 200 m breit. An Sommertagen hupt es (Schallsignal 5 Sek – also Achtung!) daher dort regelmäßig.
Zurück zu den sonstigen Manövern
Genauso wichtig ist es, das Mensch-über-Bord Manöver perfekt zu beherrschen. Behalte ich den über Bord gefallenen im Blick? Wann muss ich eine Q-Wende / Halse machen?
Soll ich einen Aufschießer machen? Mit der Gefahr den Schiffbrüchigen zu überfahren? Oder doch das Münchner Manöver?
Eine Yacht mit mehreren Tonen Gewicht in Fahrt hat einen enormen Impuls (p = m x v ; also der Impuls mit Richtung ist das Produkt der Masse und der Geschwindigkeit) und braucht einen Kopf nur zu streifen….
Da ist das Münchner-Manöver von Roland Denk schon besser. Nur ohne Übung ist das kaum richtig auszuführen.
Auch hier heißt es also üben und üben. Umso größer das Boot ist, umso mehr Personen segeln oft mit. Weiß jeder, was wann zu tun ist? Wenn diese Situation bekannt ist, vermindert sich die Panik. Werden die Ansagen für die Manöver verstanden? Kommen die Rückmeldungen verständlich?
Bei Sonne und wenig Wind ist das Segeln ein Kinderspiel. Über Bord gehen die Segler erst bei Sturm: von der Welle über Bord gespült, oder beim Bewegen an Deck ausgerutscht. Bei viel Wind und heftigen Böen schaukelt das Schiff, es neigt sich, der Sturm pfeift und man hat automatisch Angst um sein eigenes Leben… und dann?
„Schwiegermutter über Bord“!! Wie war das in diesem Moment mit den Ansagen zu den Manövern – wo so viele Gedanken durch den Kopf schwappen ….
Bei Unfällen war immer die besondere Situation schuld. Über die eigene Nervosität und den Streßfaktor redet niemand gerne. Diese Manöver müssen also wirklich geübt werden.
So bleibt der eigentliche Segelsport und der Trimm oft auf der Strecke
Dabei gibt es beim sportlichen Segeln so viele Highlights:
> Trapez-Segeln
> Spinnacker-Segeln
> Schiften und Regattahalse
> Taktik des Wegerechtes
> Gewichtstrimm
> Segeltrimm (Wann trimme ich ein Segel wie? Wie spüre ich, ob das Segel zieht?)
> Segelausrüstung (Handschuhe, Trockenanzug, Schuhe, Brille usw.)
> Abdrift durch Strömungen am See oder Meer (das habe ich erst am
kleinen Belt in der Ostsee richtig erlebt)
> Winddreher im Windschatten von Hindernissen und Inseln
> Das Segeln an und über die Windkante
> Gleiten
> Segeln auf der Welle usw.
Ausblick:
Nun habe ich durch mein Segeln mit dem A-Cat , vielen Jollen und Yachten natürlich umfangreiche Erfahrungen. Oft schaue ich mir andere Segler genau an. Bei besonderen Windsituationen merkt man oft das fehlende Verständnis der Physik. Der Segler schaut verdutzt, weil er durch einen Winddreher eine Lee-Watsch’n kriegt.
Der Wind dreht sich hierbei um fast 180°, was man auf der Wasseroberfläche aber nur sehr schwer erkennen kann und strömt plötzlich von der anderen Seite zum Boot. Kam der Wind vorher aus Osten, so dreht er nun auf Westen. Das Segel steht also genau auf der falschen Seite und Segel und Großbaum schlagen auf die andere Seite. Genau bei solchen Situationen können Segler von Bord fliegen – auch auf dem Chiemsee bei mittlerem Wind.
Hier sieht man unten am Bild, dass der Wind aus Osten kommt. Hinter der Insel (rechts) drehen sich die Boote bereits um 90° und der Wind kommt aus Nord. Und das bei Sonnenaufgang bei einer leichten Brise.